Westfalia Big Band liefert grandiosen Auftritt ab
Das Konzert zur Neueröffnung der frisch sanierten Ostwestfalenhalle in Kaunitz gerät vor ausverkauftem Haus und 1.000 begeisterten Zuhörern zu einem Abend voller Höhepunkte und Gänsehautmomente. Viele Solisten, darunter einer, der ein echtes Heimspiel feiert, tragen dazu bei.

Ein starkes Debüt vor heimischem Publikum gab der in Verl aufgewachsene Alexander Auler. Im Hintergrund die Westfalia Big Band, die seit stolzen 44 Jahren auf vielen Bühnen unterwegs ist. Der erste Auftritt der WBB fand im April 1980 nur ein paar Schritte von der Ostwestfalenhalle entfernt im Pfarrheim Kaunitz statt. (Foto: Marcus Tschackert)
Von Marcus Tschackert
Verl-Kaunitz. Eine bessere Art, die Neueröffnung der Ostwestfalenhalle in Kaunitz zu feiern, hätte es kaum geben können: Nicht nur, weil die Westfalia Big Band ein grandioses Konzert vor 1.000 Besuchern in der ausverkauften Halle abgeliefert hat, sondern weil es gelang, all das auf einen Nenner zu bringen, was die altehrwürde „Eierhalle“ für viele Einheimische bedeutet: Sie ist ein Ort, der Erinnerungen weckt – sei es als Konzertsaal oder als Geflügelmarkt. Jetzt ist sie nach mehr als einjähriger Sanierung bereit für neue erinnerungswürdige Momente. Das Eröffnungskonzert war so ein Moment.
„Es ist für uns ein wenig wie nach Hause kommen“, gestand der Erfinder und Bandleader des Westfalia Big Band (WBB), Hans-Josef Piepenbrock, und erinnerte sich an die Konzerte in den 80er und 90er Jahren und an so manche Silvestergala Ende des Jahrhunderts, als sein Showorchester an gleicher Stelle so manchen großen Erfolg gefeiert hatte – und dies jetzt im Oktober 2024 auch wieder tat. Im Gepäck hatte die WBB auch Lieder von Musikgrößen, die in der Vergangenheit in der Ostwestfalenhalle aufgetreten waren. Damit schlug die Big Band indirekt eine musikalische Brücke vom Früher ins Heute und damit in die nächste Lebensphase der Veranstaltungshalle.

Carla Schulze und Alexander Wolf begeisterten mit dem Dirty-Dancing-Klassiker „Time of my Life“ das Publikum in der ausverkauften Ostwestfalenhalle. (Foto: Marcus Tschackert)
Diese Phase begann mit einem lauten Knall, als Bürgermeister Robin Rieksneuwöhner, Kämmerer Sven Schallenberg als Hausherr und Projektleiter Peter Berenbrinker vom Büro Schröder & Partner symbolisch auf den roten Knopf drückten und damit die Bühne für Piepenbrock und das Orchester freigaben. Die Musiker gingen auch gleich mit sattem Bläsersound, knackigen E-Gitarren-Riffs, grandiosen Solisten und dem Wachmachersong „Let Me Entertain You“ von Robbie Williams in die Vollen.
Die Sänger kamen nicht nur aus der Ferne wie der Ex-The-Voice-Kandidat Alexander Wolff aus Stuttgart (er vertrat den verhinderten Philipp Lang grandios) oder Mister WBB-Voice Frank Behrens – seit 31 Jahren dabei –, sondern auch aus Verl selbst: Als Gaststar hatte Hans-Josef Piepenbrock den in Verl aufgewachsenen Musical-Schauspieler Alexander Auler aus dem Berliner Theater des Westens in die Ostwestfalenhalle eingeladen. Auler genoss seinen ersten großen Auftritt daheim als gestandener Schauspieler unter anderem mit einem Lied aus der Produktion „Ku’damm 59“ mit der er auf der Bühne steht, dem bekanntesten Song aus dem „Hairspray“-Musical „Ladies’ Choice“ und später mit einem Roger-Cicero-Potpourri sichtlich. Für dieses besondere Konzert hatte sich der Künstler sogar extra von sei- nem derzeitigen Engagement Urlaub genommen.
Angefangen hat Alexander Aulers Laufbahn im Jugendorchester und der Bigband des Verler Gymnasiums, quasi die Nachwuchsschmieden für Piepenbrocks Showorchester. Zahlreiche hochtalentierte Musiker wie Fabian Rademacher (Saxophon), Sebastian Stuckmann (Posaune) oder Trompeter Johannes Bromberg, um nur drei zu nennen, fanden früher oder später den Weg in die Westfalia Big Band und ergänzen den Pool aus Berufsmusikern und semiprofessionellen Amateuren und Nachwuchsmusikern. Jüngster Zugang ist Jannis Rolf – er hatte in Kaunitz seinen ersten Auftritt. Der Saxophonist bestand seine Feuerprobe an der Seite von Gründungsmitglied Gudrun Pollmeier – sie ist seit stolzen 44 Jahren dabei – mit Bravour.

Gudrun Pollmeier spielt seit 44 Jahren in der WBB, Jannis Rolf feierte seine Premiere. (Foto: Marcus Tschackert)
Der zweite Gaststar war Kirstin Lüke, Leiterin der Verler Zweigstelle der Kreismusikschule, und eine arrivierte Violinistin. Mit Bachs berühmter „Air“ und dem Swingklassiker „Mack the Knife“ aus der Dreigroschenoper wagte Piepenbrock mit Lüke gleich zwei spannende Crossover-Experimente, indem Klassik auf Jazz trifft und umgekehrt. Vom Publikum wurde das an einem Abend voller Highlights und Gänsehautmomente begeistert aufgenommen.
Erster hautprickelnder Moment war vielleicht „Hello“ von Lionel Richie, gesungen von Alexander Wolff, der im zweiten Konzertabschnitt mit seiner Elvis-Nummer die Halle zum Beben brachte, aber ganz sicher auch „I Will Survive“. Das Trennungslied sang die Harsewinkelerin Carina Schmikale mit ähnlich viel Druck und Soul wie Gloria Gaynor Ende der 70er Jahre. Kollegin Carla Schulze sorgte für tobenden Applaus mit dem Vicky-Leandros-Schlager „Ich liebe das Leben“, bei dem sie durch die Reihen schritt.

Sängerin Carina Schmikale war mit dem Klassiker „I will survive“ voll in ihrem Element. Bandleader Hans-Josef Piepenbrock genoss die Rückkehr in die Ostwestfalenhalle in vollen Zügen. (Foto: Marcus Tschackert)
Aber natürlich dürfen bei keinem WBB-Auftritt die Sinatra-Evergreens „New York, New York“ und „My Way“ fehlen. Dann schlüpft Frank Behrens in den Smoking und gibt den Entertainer. Doch auch wenn die Sängerinnen und Sänger oft im Vordergrund stehen, der eigentliche Star ist das Orchester. Beweis waren etwa Songs von Ennio Morricone, Glenn Miller oder anderen Instrumentalstücke. Es war einfach Spiellaune pur – und das nur wenige Meter von der Geburtswiege der Westfalia Big Band entfernt. Denn den ersten Auftritt feierte das Orchester am 26. April 1980 im Pfarrheim in Kaunitz.
Geflügel und ein echter Strauß
1961 wurde Richtfest gefeiert, doch erst im April 1965 fand die offizielle Einweihung der Ostwestfalenhalle in Kaunitz statt. „Diesmal waren wir deutlich schneller“, gab Bürgermeister Robin Rieksneuwöhner den Startschuss in eine neue Ära der „Eierhalle“, die mehr als ein Jahr lang renoviert und jetzt frisch eingeweiht wurde.
Die Ostwestfalenhalle hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Musiker wie Udo Jürgens, Udo Lindenberg und viele weitere Stars und Bands drückten sich in Kaunitz die Klinke in die Hand. Gebaut wurde die Halle aber in erster Linie, wie der Kosename schon sagt, für die Geflügelzüchter und einen Tiermarkt, der erst auf einem Hof im Ortszentrum stattfand, in der Geflügelhochburg Kaunitz aber schnell zu klein wurde. „Die Halle ist ein Allrounder“ stellte Robin Rieksneuwöhner nicht zu Unrecht fest. 1986 wäre sie fast abgebrannt, fünf Jahr später gab’s hier das erste internationale Damencatchen.
Auch für politische Großveranstaltungen taugte die Ostwestfalenhalle, etwa mit dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß: „Die Halle hat schon allerhand Geflügel erlebt, aber noch nie einen ausgewachsenen Strauß“, zitierte Robin Rieksneuwöhner aus der Anekdotenkiste. Die Sanierung sei aber auch ein gutes Beispiel, wozu Politik fähig sei, so der Bürgermeister, wenn die Politiker fraktionsübergreifend zusammenarbeiteten. (matt)
(Neue Westfälische, 14.10.2024, Texte und Fotos aus der Neuen Westfälischen sind urheberrechtlich geschützt. Weiterverwendung nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion.)